Entwicklungsstufen von Lehrkräften, die Computer einsetzen
Meine zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen zeigen immer
wieder, dass Lehrkräfte folgenden, erfahrungsgemäß mehrere Jahre dauernden
Entwicklungsprozess durchlaufen:
1. In der Einstiegsphase
erlernen die Lehrkräfte Basistechnologien, wie z.B. Textverarbeitung und den
Umgang mit Dateien:
- Erstellung von Arbeitsblättern, Schulaufgaben etc.,
- geeignetes Dateimanagement (Anlegen und Strukturieren von
Ordnern),
- Verschieben und Umbenennen von Dateien,
- Umgang mit verschiedenen Speichermedien (Disketten,
CD-ROMs, DVDs etc.) zur Unterrichtsvorbereitung
Der Computer dient während dieser Phase typischerweise als
hochwertige Schreibmaschine, hat aber noch kaum eine darüber hinaus gehende
unterrichtliche Relevanz.
2. In der Phase der
Imitation gehen die Lehrkräfte schon dazu über, erste Gehversuche mit
dem Computer im Unterricht zu machen. Es dominiert allerdings noch der Einsatz
des Computers als erweitertes traditionelles Medium (größerer Materialpool,
Präsentation via Beamer):
- Download von Arbeitsblättern aus dem Internet,
- souveräner Umgang mit verschiedenen Textformaten (doc, rtf,
pdf ...),
- CD-ROMs im Unterricht (Vorführung mit Beamer),
- Internet (gelenkte Recherche, mit vorgegebenen Adressen;
Einsatz von Suchmaschinen).
3. Erst in einer Phase eines
allgemein souveränen Umgangs mit dem Computer (auch in Netzwerken) werden
computer- und internetspezifische Unterrichtsmethoden ausprobiert; es kommt zur
Adaption: Die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten von Computer und
Internet werden bereits etwas ausgelotet; zu einem längerfristigen Einsatz
kommen aber nur einige wenige Methoden, die irgendwie zum "persönlichen Stil"
des Lehrers passen.
- arbeitsteilige Gruppenarbeiten,
- erste Versuche auch mit Bild-, Ton- und Videoformaten,
- Erstellung eigener CD-ROMs oder Homepages,
- Einsatz von Präsentationsprogrammen (z.B. Powerpoint),
- Einsatz des Internets auch zur Kommunikation
(E-Mail-Projekte, Chat, Diskussionsforen...),
- Internetquellen werden in ihrer Reliabilität treffsicher
eingeschätzt.
4. Die höchste Kompetenzstufe im
Umgang mit den neuen Medien ist dann erreicht, wenn Computer und Internet
bereits kreativ und experimentell eingesetzt werden. Die neuen Medien
unterstützen nun nicht mehr bloß den eigenen Unterrichtsstil der Lehrkraft,
sondern dienen im Gegenteil dazu, diesen Stil zu modifizieren, zu erweitern,
auszudifferenzieren oder auch gänzlich abzuändern. Man begnügt sich nicht mehr
damit, bekannte Methoden durch das Medium Computer zu unterstützen, sondern neue
Methoden zu entdecken und diese Erkenntnisse durch Vernetzung mit Kolleginnen
und Kollegen auch zu teilen: Innovation. Oft genug verfügen
Lehrkräfte, die mit dem Computer in dieser innovativ-experimentellen Form
umgehen, auch im "traditionellen" Unterricht über ein breites Methodenspektrum
und haben sich bereits auch hier mit offeneren Unterrichtsmethoden angefreundet.
- Lernzirkel werden aus digitalen Quellen erstellt oder
herunter geladen.
- Arbeitsblätter werden "interaktiv" gemacht.
- Eigene interaktive Lern- und Testumgebungen werden selbst erstellt
oder im Web aufgesucht (z.B. Einsatz von Multimedia-Autorenprogrammen, Hot Potatoes
etc.).
- Größere Projekte oder Wettbewerbe werden angegangen,
- Ein souveräner Umgang mit Multimediaelementen erlaubt auch
z.B. Erstellung von Hörspielen in Mehrspur-Aufnahmetechnik.
- Eigene Videos werden erstellt, nachbearbeitet (nachvertont,
geschnitten) und auf diverse Speichermedien gebracht.
- Das Computernetzwerk ermöglicht nicht nur einen gemeinsamen
Internetzugang, sondern auch das Vorhalten gemeinsam zu nutzender
multimedialer Lernmaterialien (=> Dies dient u.a. auch zur
Binnendifferenzierung unterschiedlich schnell arbeitender Schülerinnen und
Schüler).
- Lerninhalte werden im Computernetz in möglichst
verschiedenen Kontexten präsentiert.
- "Problem based learning": Die neuen Medien werden dazu
genutzt, authentische Problemstellungen für den Unterricht zugänglich zu
machen.
- Die Möglichkeiten des Computereinsatzes im Unterricht
werden nicht nur möglichst umfassend genutzt, sondern durchaus auch einer
eingehenden Reflexion und kritischen Wertung unterzogen.